Aktuell erhält man im Vergleich zu den letzten Jahren relativ hohe Zinsen auf sehr risikoarme Anlagemöglichkeiten wie z.B. Tagesgeldkonten.
Man kann dadurch zurzeit relativ sicher anlegen und dabei eine gute Rendite erzielen. Ist also die aktuelle Zeit für Privatanleger optimal und braucht man vielleicht gar nicht mehr über die risikoreichere Anlagemöglichkeit in Form von Aktien nachzudenken? 🤔
Hintergrund:
Hohe Zinsen auf risikoarme Anlagen (Tagesgeld, Staatsanleihen, etc.) gibt es meistens in Zeiten von hoher Inflation.
So ist es auch aktuell. Die Zinsen wurden von den Zentralbanken in Form des Leitzinses hauptsächlich aus dem Grund erhöht, die hohe Preissteigerung der letzten zwei Jahre zu bekämpfen. Der Leitzins ist der von der Zentralbank festgelegte Zinssatz, zu dem Geschäftsbanken sich kurzfristig Geld leihen können, und beeinflusst somit die allgemeine Zinslandschaft und Wirtschaftstätigkeit.
Die Erhöhung des Leitzinses hat folgenden Hintergrund:
Durch die Zinserhöhung werden Kredite teurer.
Dadurch wird es unattraktiver, auf Kredit zu kaufen (z.B. Immobilien, Autos, Technik,...).
Da weniger gekauft / investiert wird, verringert sich die Nachfrage nach Produkten in der Volkswirtschaft.
Diese geringere Nachfrage führt dann in der Regel zu sinkenden oder weniger stark ansteigenden Preisen und dementsprechend geringerer Inflation.
Durch die Erhöhung der Zinsen entstehen auf der einen Seite für Kreditnehmer höhere Kosten und auf der anderen Seite für Sparer bessere Renditen.
Aktien vs. Tagesgeld
Tagesgeld ist eine sichere Möglichkeit, Geld bei der Bank anzulegen, bei der man täglich auf das angelegte Geld zugreifen kann. Dementsprechend ist es in Zeiten von guten Zinsen verlockend, die Ersparnisse in Form von Tagesgeld anzulegen. Aktuell ist es zum Beispiel möglich, bei einem Online-Broker auf das eingezahlte Geld (bis 50.000€) 4% Zinsen zu erhalten. Das Tagesgeld ist durch die Einlagensicherung (bis 100.000€) abgesichert. Das heißt, selbst wenn die Bank pleite geht, erhält man sein Geld zurück. Bei einzelnen Aktien kann man auf der anderen Seite sogar bei Insolvenz des Unternehmens einen Totalverlust erleiden. Außerdem ist die Liquidität (=wie kurzfristig man das Geld abheben kann) bei der Aktienanlage niedriger. Das liegt daran, dass Aktien aufgrund der Volatilität im Wert auch unter dem Einstiegskurs liegen können. Ein spontaner Verkauf führt also in dem Fall zu Verlusten. Deswegen sollte man auch bei der Aktienanlage grundsätzlich nur das Geld verwenden, das man höchstwahrscheinlich in naher Zukunft nicht braucht.
Ist es dann überhaupt noch sinnvoll, in Aktien zu investieren, wenn man z.B. 4% beim risikoarmen Tagesgeld bereits sicher hat? Die Aktienanlage ist zwar wie erwähnt mit mehr Risiko verbunden, doch führt in der Regel langfristig zu wesentlich höheren Renditen. Dementsprechend hat die Form der Aktienanlage auch bei relativ hohen Zinsen einen Sinn und kann die Gesamtrendite des Ersparten wesentlich erhöhen.
Letztendlich sollte man sich immer dem Grundsatz "Je höher die Rendite, desto höher das Risiko" bewusst sein. Dann kann man persönlich je nach Lebensumständen und Risikobereitschaft entscheiden, in welchem Umfang man neben dem sicheren Tagesgeld zusätzlich in Aktien investiert.
Sollten die Zinsen auf das Tagesgeld allerdings noch wesentlich höher werden als aktuell, würde sich die Attraktivität der Aktienanlage verringern. Doch im folgenden Abschnitt seht ihr, warum eine weitere Zinserhöhung eher unwahrscheinlich ist.
Hohe Zinsen aus volkswirtschaftlicher Sicht:
Das Instrument der Erhöhung des Leitzinses wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) dazu eingesetzt, die Inflation zu reduzieren.
Doch hohe Zinsen haben einige Nachteile:
Hohe Zinsen führen zu höheren Kosten für Kredite. Unternehmen könnten daher zögern, in neue Projekte zu investieren, und Verbraucher könnten weniger geneigt sein, Kredite aufzunehmen, was wiederum die wirtschaftliche Aktivität reduzieren könnte. Wirtschaftswachstum ist jedoch ein wesentlicher Pfeiler für den Wohlstand in unserer Gesellschaft.
Belastung der Staatsfinanzen: Hohe Zinsen können für Regierungen problematisch sein, insbesondere wenn sie hohe Schulden haben. In Deutschland haben wir eine eher moderate Staatsverschuldung, doch besonders in südlichen Ländern der EU könnte der hohe Leitzins der EZB zu wesentlichen Belastungen führen, da diese Länder auf ihre immensen Schulden extrem hohe Zinszahlungen leisten müssten. Diese Belastung ist übrigens auch einer der Gründe für die EZB-Niedrigzinspolitik vor 2021, bei dem diese Länder geschützt und Investition ermöglicht worden sind.
Gefahr der Deflation: Das Gegenteil von Inflation ist Deflation. In diesem Falle würden die Preise nicht mehr ansteigen, sondern fallen. Klingt erstmal gut? Ist aber wirtschaftlich gesehen gefährlich. Das liegt daran, dass Verbraucher dazu verleitet werden, Käufe aufzuschieben. Warum sollte man sich ein neues Auto jetzt für 20.000 Euro kaufen, wenn es in 2 Monaten wahrscheinlich nur 19.000€ kostet? Diese Haltung der Käufer kann die Wirtschaft stark behindern.
Diese Nachteile sind auch der EZB bewusst, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass die Zinsen wesentlich über das aktuelle Niveau erhöht werden. Da auch das langfristige Ziel der EZB bei einem Leitzins von circa 2% liegt, ist sogar eine baldige Absenkung des Zinsniveaus wahrscheinlicher.
Fazit:
Hohe Zinsen sind erstmal für uns als Anleger gut, da sich unser Erspartes bei der Bank ein wenig vermehrt und den Inflationseffekt mindert. Es wird also zwar alles teurer (= Inflation), aber wir haben auch etwas mehr Geld (durch die erhaltenden Zinsen), um die Produkte zu kaufen.
Jedoch sollten wir uns nicht die Illusion machen, dass hohe Zinsen eine langfristige Lösung sind. Sie können die Wirtschaft hemmen und treten häufig in Zeiten von hoher Inflation auf. Das bedeutet, dass uns die erhaltenden Zinsen nur wenig nutzen, da wir insgesamt mehr Geld ausgeben müssen. Gleichzeitig kann auch (im schlimmsten Falle) unser Job verloren gehen, da die Wirtschaft in der Krise ist. Und wenn man kein Einkommen und Geld zum sparen hat, nützen einem auch die höchsten Zinsen nichts.
Aktien bieten eine Alternative für höhere Renditen, die es noch besser mit der Inflation aufnehmen können. Doch sie sind auch mit mehr Risiko verbunden.
Daher sollte man eine gute Mischung aus sicheren Anlagemöglichkeiten wie dem Tagesgeld und renditeorientierten Optionen wie der Aktienanlage wählen.
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